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LinkedIn Beitrag 03/2021

Die deutschen Luftfahrtzulieferer in der Corona Krise:
Die Zukunft in unsicheren Zeiten gestalten - Kooperationen und strategische Partnerschaften als Handlungsoptionen

Szenario

Die Covid 19 Krise hat die gesamte Luftfahrtbranche erschüttert. Nach 15 Jahren ununterbrochenen Wachstums haben sich die Produktionsraten der OEMs von Flugzeugen und Triebwerken dramatisch reduziert und werden sich mittelfristig auch nicht von diesem niedrigen Niveau erholen. Die OEMs und großen Tier-1-Unternehmen haben mit Personalanpassungen, Insourcing und dem Verkauf von Vermögenswerten Maßnahmen eingeleitet, die ihr Überleben sichern werden. Hinzu kommt, dass diese Unternehmen von den jeweiligen Regierungen als systemrelevant angesehen werden und entsprechende finanzielle Unterstützung erhalten.

Besonders betroffen von der Krise sind die KMU der nachgelagerten Lieferkette (Build-to-Print-Lieferanten, allgemein als Tier 3 bekannt), die in hoher Abhängigkeit der Luftfahrtindustrie stehen. Sie wurden in den letzten Jahren mit Kostensenkungsinitiativen zu Preisnachlässen gezwungen und gleichzeitig aufgefordert, ihre Kapazitäten zu erweitern, um sich auf Produktionsraten von mehr als 60 Flugzeugen pro Monat vorzubereiten. Viele dieser mittelständischen Unternehmen haben in den zukünftigen Hochlauf der Fertigungsraten investiert und sind heute oft nicht mehr in der Lage, ihre Kredite für die getätigten Investitionen zu bedienen und, wenn die Kurzarbeit ausläuft, die Personalkosten zu decken. Viele dieser Unternehmen sind jedoch wichtiger Bestandteil der Supply Chain und stellen im Insolvenzfall ein hohes Risiko für OEM und Systemlieferanten dar.

Es gibt unterschiedliche Annahmen, wann der Markt sich soweit erholt hat, dass das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird. Realistisch ist der Ansatz, dass dies etwa 2024 bis 2025 erreicht wird. Langfristig wird der Markt der zivilen Luftfahrt nach wie vor ein Wachstumsmarkt sein.


Konsolidierung in der Luftfahrtindustrie

Unabhängig von der Covid-19 Krise ist seit geraumer Zeit eine Konsolidierung der Unternehmen In der Luftfahrtindustrie zu beobachten, die von der OEM-Ebene (s. Airbus/ Bombardier C-Series) über die Systemlieferanten (Tier 1, s. Zukäufe von Raytheon und Rockwell Collins durch United Technologies (UTC), Übernahme von Zodiac durch die Safran Group) bis in die nachgelagerte Lieferkette (Tier 2 … Tier n, s. WeAre Group und NextTeam Group in Frankreich) stattfindet. Der Vorteil dieser Konsolidierung ist, dass starke und finanziell robustere Unternehmen entstehen, die einen breiteren Anteil der Wertschöpfungskette abdecken, Skalierungs- und Low-Cost-Effekte nutzen und die Fähigkeit haben, ihren Kunden auf dem Weg der Globalisierung zu folgen.

Vor allem auf internationaler Ebene, d. h. außerhalb Deutschlands, ist die Bereitschaft der Unternehmen zum Zusammenschluss sehr hoch. Verschiedene Studien zeigen übereinstimmend, dass die stark fragmentierte, vorwiegend klein- und mittelständisch geprägte Zulieferkette Deutschlands diesem Strukturwandel bisher nicht folgen konnte und dies zu einem schleichenden Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit geführt hat.

Unternehmen, die sich in der Rangstufe der Lieferkette verbessern wollen müssen wachsen, um für ihre Kunden eine größere Bedeutung zu erlangen und das wichtige Kriterium „financial robustness“ zu erfüllen. Da dies durch organisches Wachstum kaum möglich ist, entsteht ein Konsolidierungsdruck. Unternehmen der nachgelagerten Lieferkette (Tier 2 … Tier n) müssen durch Kooperationen, JVs oder auch durch Verschmelzung mit großen Unternehmen der Luftfahrtbranche größere Einheiten bilden.


Kulturelle Barrieren

Selbstbewusste und starke Unternehmerpersönlichkeiten tun sich oft schwer, sich auf Kooperationen einzulassen, da man in einer Kooperation mit Partnern zusammenarbeiten muss, die mitreden und häufig auch mitentscheiden wollen. Damit wird die absolute Selbstbestimmtheit, die für viele Unternehmer eine entscheidende Motivation beim Schritt zum Unternehmertum war, eingeschränkt. Daher ist es unabdingbar, dass durch eine Kooperation ein deutlich erkennbarer Mehrwert für alle beteiligten Kooperationspartner entsteht (Win-Win-Situation), der den Nachteil des Verlustes der vollkommenen Eigenständigkeit kompensiert.


Zusammenarbeit mit strategischen Investoren

Eine Form der Kooperation ist die Zusammenarbeit mit einem strategischen Investor. Mit der Auswahl des richtigen strategischen Partners ergibt sich die Chance, neben der Stärkung der Eigenkapitalbasis („financial robustness“) das Geschäftsmodell neu zu definieren, die Produkt- und Dienstleistungsbandbreite entlang der Wertschöpfungskette zu erweitern und damit die Diversifikation des Unternehmens sowie die Erschließung neuer Branchen voranzutreiben.

Laut einer Studie der h&z Unternehmensberatung ist, bedingt durch die Corona-Krise, die Bereitschaft der deutschen Luftfahrtzulieferer zur Zusammenarbeit mit strategischen Investoren im Laufe des Jahres 2020 deutlich gestiegen:

Unternehmenskooperation ist eine wichtige strategische Handlungsoption

Kooperationen und strategische Partnerschaften setzen das Vertrauen der Partner zueinander und auch zu den beratenden „Mitgestaltern“ voraus. Erfahrene, gut vernetzte Branchenexperten sind eine große Hilfe bei der Analyse des Marktumfeldes sowie der Identifikation von Chancen, Risiken und Abhängigkeiten. Abgeleitet aus dieser Analyse können erfolgreiche Modelle zur strategischen Ausrichtung, Restrukturierung sowie Partnerschaften, die einen Mehrwert erzeugen, erarbeitet werden.

LinkedIn Beitrag 07/2020

Unterstützung französischer KMU in der Corona Krise:

Airbus, Dassault, Safran, Thales und die französische Regierung unterstützen die KMU der französischen der Luftfahrtzulieferkette durch eine konzertierte Aktion

Wie die Aviation Week France berichtet, legt die französische Regierung ein beispielloses COVID-19 Rettungspaket zur Unterstützung der kleinen und mittelständischen Luftfahrtunternehmen (KMU) auf. Es sieht die Schaffung eines Finanzierungsplans in Zusammenarbeit mit der Industrie vor, die das Überleben der kleinen und mittleren Unternehmen der Luftfahrtzulieferkette sichern soll. Viele dieser Zulieferer haben vor der Krise umfangreiche Investitionen getätigt, um Flugzeugproduktionsanläufe von Erstausrüstern zu unterstützen, sind jetzt aber aufgrund von Produktionskürzungen in ihrer Existenz bedroht.


Zur Unterstützung der KMU wird in diesem Sommer ein spezieller Investitionsfonds gebildet, um diese mit Beteiligungskapital zu versorgen. Der Fonds kann auch genutzt werden, um die Konsolidierung der Versorgungskette zu unterstützen. Airbus, Dassault Aviation, Safran und Thales (Frankreichs Big Four) werden den Fonds mit insgesamt 200 Millionen Euro (226 Millionen Dollar) kapitalisieren. Nach jetzigem Stand steuert Airbus €116 Millionen, Safran €58 Millionen, Dassault €13 Millionen und Thales €13 Millionen bei. Die französische Regierung steuert 200 Millionen Euro bei und wird in Kürze eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für die Gründung einer Verwaltungsgesellschaft veröffentlichen, die den Fond managen soll. Dann will die Regierung weitere 100 Millionen € beisteuern, so dass von Beginn an insgesamt 500 Millionen € zur Verfügung stehen. Der Fonds selbst soll weitere 500 Millionen € aufbringen, so dass sich der Gesamtbetrag der zur Verfügung stehenden Mittel auf 1 Milliarde Euro beläuft.


Mit der Schaffung einer solchen finanziellen Partnerschaft bündeln Frankreichs Big Four erstmalig ihre Ressourcen zur Unterstützung der gesamten Branche. Airbus, Dassault, Safran und Thales werden von dieser Unterstützung dadurch profitieren, dass wichtige Zulieferer die Krise überleben und dank der erwarteten Konsolidierung eine robustere Lieferkette entsteht.

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